Zeichen des Vertrauens

Interview Dr. Annett Stranz, stick & lembke – 13. Juli 2023

Wie sich das Lieferkettengesetz bei kleinen Unternehmen auswirkt, warum es auf der sozialen Ebene mehr Aufgaben als auf der ökologischen gibt, und welchen Nutzen der Managementstandard We Care dabei hat, erläutert Dr. Annett Stranz, CSR-Beauftragte bei stick & lembke im Gespräch.

Frau Dr. Stranz, stick & lembke arbeitet mit wenigen, ausgesuchten Standards. Weshalb neuerdings auch mit We Care?

Annett Stranz: Wir sind ein vergleichsweise junges und schlankes Unternehmen. Eine Zertifizierung ist für uns nur dann sinnvoll, wenn wir dadurch die Sicherheit und Qualität unserer Tees und das Vertrauen in unser Unternehmen noch weiter stärken und weiterentwickeln können. Bislang waren das die IFS-Zertifizierung (International Featured Standards) und natürlich Bio. Für We Care haben wir uns entschieden, weil dieser Managementstandard wie kaum ein anderer ganzheitlich ökologische und soziale Aspekte über die Lieferkette betrachtet und durch eine unabhängige dritte Stelle bewerten lässt.

Weshalb Ihr Fokus auf die Lieferkette? Nur wegen des Lieferkettengesetztes?

Annett Stranz: Aus zwei Gründen: Zum einen haben wir selbst einen sehr hohen Anspruch an die sensorische, ökologische und soziale Qualität unserer Tees. Ein Tee erlangt nach unserem Verständnis nur dann eine Spitzenqualität, wenn dieser vom Anbau bis zur Verpackung über den Bio-Aspekt hinaus auch einen fairen Umgang mit den Menschen und eine intakte Umwelt berücksichtigt. Zum anderen erwartet der Handel in Hinblick auf das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) von uns konkrete Belege über den Stand bzw. die Weiterentwicklung der sozialen und ökologischen Situation entlang unserer vorgelagerten Lieferkette. Durch den ganzheitlichen Ansatz von We Care können wir sowohl unsere eigenen Anforderungen als auch die des Handels sehr gut abbilden.

Was genau erwartet der Handel von Ihnen?

Annett Stranz: Die großen Lebensmittelhandelsunternehmen sind direkt vom Lieferkettengesetz betroffen. Um Rechenschaft zu ihren eigenen Lieferketten ablegen zu können, reichen sie die Anforderungen des Gesetzes je nach Gestaltung des Geschäfts an ihre Partner weiter. Auch wenn wir als kleines Unternehmen nicht unmittelbar unter das LkSG fallen, sind wir dennoch über die Lieferkette des Handels direkt involviert. Der Handel will von uns wissen, wie wir die Gesetzesanforderungen erfüllen, dazu werden von uns zum Beispiel Nachhaltigkeitsbewertungen und Dokumente zum Management mit unseren Vorlieferanten erwartet. Wir freuen uns, dass We Care bei den meisten Handelsunternehmen ein Begriff ist, das heißt sie wissen um die Tiefe und Breite des Standards in Hinblick auf die Lieferkette. Für sie ist We Care ein Zeichen des Vertrauens, was uns wiederum die Kommunikation mit dem Handel sehr erleichtert.

Sie können also leichter Nachweise erbringen?

Annett Stranz: Es ist tatsächlich die Vertrauensebene. Durch unsere We-Care-Zertifizierung wissen unsere Partner, dass wir funktionierende Prozesse und die entsprechenden Dokumente vorliegen haben. Das macht ganz viel in der Zusammenarbeit mit unseren Partnern des Handels. Den Nachweis müssen wir natürlich so oder so erbringen. 

Und wie wirkt sich We Care intern aus?

Annett Stranz: Nachhaltiges Bewusstsein und ein entsprechendes Handeln sind Kernmotive unseres Geschäftsmodells. Wer bei stick & lembke arbeitet, spürt, dass alle Kolleginnen und Kollegen das Gen für sinnvolles Wirtschaften in ihrer DNA tragen. Dennoch hat We Care unser Bewusstsein für Nachhaltigkeit und die dafür erforderlichen Prozesse nochmals geschärft. So haben wir im Zuge unserer Zertifizierung eine Klimabilanzierung unseres Unternehmens einschließlich aller Produkte durchgeführt. So eine Berechnung des CO2-Fußabdrucks erfordert neben den reinen Zahlen und Daten auch viele Diskussionen, die wiederum zu neuen Erkenntnissen bei den Mitarbeitenden führen. Das gleiche gilt für die Themen Risikoanalyse und Compliance, beides wichtige Aspekte bei We Care.

In welchen Bereichen Ihrer Lieferketten sehen Sie noch verstärkten Handlungsbedarf?

Annett Stranz: Lieferkettenmanagement ist wie Nachhaltigkeitsmanagement immer ein Change-Prozess, insofern besteht irgendwo immer Handlungsbedarf. Auf der ökologischen Ebene gehen wir allerdings keine Kompromisse ein. Das heißt, jeder unserer Lieferanten muss biozertifiziert sein. Differenzierter müssen wir im Bereich Soziales vorgehen. Wir können nicht einfach unsere Idealvorstellungen auf die Kultur unserer jeweiligen Partnerländer, insbesondere im Globalen Süden überstülpen. Hier braucht es Zeit und Vertrauen, damit sich Gepflogenheiten im Sinne international anerkannter Standards, zum Beispiel zum Thema Gleichberechtigung und Diskriminierung, verändern. Auch hier hilft uns We Care, weil wir konkrete Anforderungen gegenüber unseren Lieferanten formulieren können.

Was wünschen Sie sich von We Care?

Annett Stranz: Bislang haben sich nur Bio-Unternehmen We Care zertifizieren lassen, obwohl sich auch konventionelle Unternehmen zumindest auf dem Basis-Level prüfen lassen können. Allein die Erfüllung dieser Standardkriterien würde in konventionellen Unternehmen und deren Lieferketten positive Effekte zum Ergebnis haben. Eine größere Bekanntheit und Durchdringung von We Care im großen Markt der konventionellen Lebensmittelbranche würde ich deshalb sehr begrüßen. 

Das Gespräch führte Volker Laengenfelder
laengenfelder.de

Die promovierte Diplom-Ernährungswissenschaftlerin Annett Stranz (41) ist CSR-Beauftragte bei stick & lembke. Das von Kai Lembke und Thorsten Stick im Jahr 2011 gegründete Unternehmen mit Sitz am Hamburger Hafen stellt ausschließlich naturbelassene Bio-Tees her.