Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz gibt einen Rahmen zum Schutz von Menschen und Umwelt entlang der Lieferkette vor. Noch grundlegender, weil auch das gesamte Unternehmen unter Nachhaltigkeitsaspekten betrachtend, ist der Managementstandard We Care. Soziales Engagement in der Lieferkette ist keine zwingende Voraussetzung für die Zertifizierung, doch gerade bei Bio-Unternehmen häufig vorzufinden. Wie weit dieses Engagement gehen kann, zeigt Riegel Bioweine. Mit dem Geschäftsführer Felix Riegel sprachen wir über Herzensprojekte in Südafrika.
Herr Riegel, vor wenigen Tagen wurde Riegel Bioweine mit dem Umweltpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet. Ist damit auch Ihr Engagement in der Lieferkette gewürdigt worden?
Felix Riegel: Wir freuen uns sehr über diesen Preis, denn damit werden unsere Ideen und Ansätze für eine nachhaltig wirtschaftliche Entwicklung anerkannt. Tatsache ist: Riegel Bioweine wäre ohne seine Winzer und Partner in vielen Ländern nicht denkbar, insofern wurde mit dem Umweltpreis auch unser Lieferkettenengagement gewürdigt.
Was ist das Besondere bei Ihren Lieferketten?
Felix Riegel: Wir arbeiten mit unseren Winzern und anderen Partnern in vielen Ländern seit Jahren sehr eng zusammen, also auch schon lange vor unserer We-Care-Zertifizierung. Vieles geschieht nach wie vor auf Vertrauensbasis, auch wenn natürlich durch We Care die Prozesse in allen Ländern verschriftlicht und vereinheitlicht wurden. Entscheidend für unsere Arbeit ist und bleibt jedoch der sehr persönliche und immer individuelle Kontakt zu unseren Winzern.
Weshalb betonen Sie das?
Felix Riegel: Weil ich davon überzeugt bin, dass man soziale oder ökologische Bedingungen in anderen Ländern nicht einfach am Schreibtisch verbessern kann. Faire Geschäftsbeziehungen lassen sich nur durch direkte Zusammenarbeit, die von Respekt und Handeln auf Augenhöhe gekennzeichnet ist, bewirken. Aus dieser Haltung heraus hat auch mein Vater mit Freunden und einigen Mitarbeitern vor über zehn Jahren Good Grapes for a Better Live gegründet. Über diesen Verein koordinieren wir zahlreiche soziale Projekte in Südafrika. Mit dem Verkauf von fair gehandelten Bioweinen und der Unterstützung von Riegel Bioweine, Kunden und Privatleuten konnte unser eingetragener, gemeinnütziger Förderverein bisher etwa 600.000 € an Spendengeldern sammeln.
Wie genau ist es dazu gekommen?
Felix Riegel: Das Weingut Stellar Organics in Südafrika ist seit 2003 unser Partner, und weltweit das erste biozertifizierte Weingut, das sich für den fairen Handel entschieden hat. Inzwischen ist das Weingut auch führend in der Herstellung von Weinen ohne Schwefelzusatz. Was uns bei Willem Roussouw, dem Geschäftsführer von Stellar Organics, und seiner Frau Liezel besonders überzeugt, ist deren Haltung. Sie treten dafür ein, dass in Südafrika benachteiligte Bevölkerungsgruppen ein Recht auf mehr Teilhabe bekommen. So sind bei ihnen die Mitarbeiter keine Tagelöhner wie im südafrikanischen Weinbau üblich, sondern festangestellte Mitarbeiter. Das sind Ansätze, die mich überzeugen. Im Laufe der Zeit ist aus dem Handel mit fairem Wein dieses Weinguts längst eine Freundschaft geworden.
Und die anderen Projekte?
Felix Riegel: Die internationalen Regeln des fairen Handels legen fest, dass vom erwirtschafteten Umsatz des Weinguts ein definierter Teil in den Aufschwung und den Wandel der lokalen Gemeinschaft fließen. So sind weitere soziale und ökologische Projekte entstanden, zum Beispiel Stellar Primary Healthcare zur gesundheitlichen Versorgung der Menschen, ein Fußballplatz, eine Schule oder ein Busprojekt. Weil die Zahl der Projekte immer weiter stieg, haben wir den Verein Good Grapes for a Better Live gegründet, der die Koordination aller Initiativen bzw. die Verteilung der Spendengelder übernimmt. Wir sammeln auch von Deutschland aus Spenden, jeder Euro kommt ohne Verwaltungskostenabzug direkt den Projekten zugute. Und wenn wir einmal pro Jahr nach Südafrika reisen, dann tragen wir diese Kosten selbst.
Könnte Ihr Ansatz für andere Unternehmen vorbildlich sein?
Felix Riegel: Ehrlich gesagt, nein, denn unser „Ansatz“ ist das Ergebnis von sehr persönlichen Kontakten und dem Engagement vieler Menschen. Das kann man nicht eins zu eins auf andere Unternehmen übertragen. Ich unterstreiche gerne nochmal: Die Grundlage jeglicher Verbesserung vor Ort ist eine Haltung auf Augenhöhe und ein ernsthaftes, intrinsisches Interesse am Gegenüber. Wer so denkt und handelt, wird vermutlich irgendwann mehr tun, als getan werden muss.
Das Gespräch führte Volker Laengenfelder.

