Tradin Organic aus den Niederlanden verfügt als Handelsunternehmen über vielfältige Lieferketten. Wie das Unternehmen damit in puncto Sorgfaltspflicht umgeht und welchen Nutzen We Care bietet, beschreibt die Nachhaltigkeitsverantwortliche Elise te Kaat.
Frau te Kaat, Tradin Organic ist das erste We Care-zertifizierte Unternehmen außerhalb Deutschlands. Was bedeutet dies für Sie?
Elise te Kaat: Tradin Organic beschafft, produziert und vermarktet ein Portfolio von über 300 Bio-Zutaten aus über 60 Ländern weltweit, die von mehr als 300.000 Kleinbauern stammen. Diese komplexe Leistung gelingt uns nur, weil wir zum einen auf dem Bio-Markt mit unserem Beyond-Organic-Ansatz in unserem Segment führend sein wollen und zum anderen auf langfristige Partnerschaften mit unseren Lieferanten setzen. Und hier kommt We Care ins Spiel. Wir sind stolz darauf, ein zertifiziertes We Care-Unternehmen zu sein. Denn mithilfe dieses Standards bekommen wir die kontinuierliche Verbesserung unserer Nachhaltigkeitsleistung auf jeder Stufe der Lieferkette anerkannt – und eben nicht nur für ein einzelnes Produkt oder eine einzelne Prozessstufe. Wir sind davon überzeugt, dass We Care auch außerhalb Deutschlands an Bedeutung gewinnen wird. Denn We Care gibt Antworten auf topaktuelle gesellschaftliche Fragen, nämlich wie eine verantwortungsvolle Beschaffung über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg gestaltet und wie ein Managementsystem, das diese garantiert, installiert werden kann.
Welchen konkreten Nutzen haben Sie durch We Care?
Elise te Kaat: Zu unseren Beschaffungsquellen pflegen wir direkte Kontakte, auch ermöglichen wir eine Rückverfolgung aller Zutaten vom Landwirt bis zum Verbraucher. Das unterstreicht, wie wichtig für Tradin Organic langfristige, stabile und vertrauensvolle Beziehungen zu unseren Lieferanten sind. Die We-Care-Zertifizierung bestätigt, dass wir mit unserem anspruchsvollen Ansatz einen sinnvollen Weg eingeschlagen haben. Besonders wichtig für uns ist es, die Aktivitäten entlang der Lieferketten gemeinsam mit unseren Partnern und Interessengruppen zu überwachen und wir uns damit eine konkrete Grundlage geben, uns kontinuierlich zu verbessern. Auch das unterstützt We Care. Unsere Kunden schließlich können durch die Zertifizierung sicher sein, dass sie verantwortungsvoll bezogene Bio-Zutaten von einem Unternehmen kaufen, für das Nachhaltigkeit weit mehr ist, als nur Bio.
Genau diese Bereitschaft, sich ständig zu verbessern, verlangt We Care ja auch. Welche Ziele haben Sie sich in Bezug auf Ihr Lieferkettenmanagement gesetzt?
Elise te Kaat: Unser bisheriges Zulassungsverfahren verlangte von Lieferanten, dass diese einen Verhaltenskodex unterzeichnen. Jetzt gehen wir über diesen Ansatz hinaus, das heißt wir unterstützen Lieferanten dabei geprüfte Sozialstandards einzuführen. Darüber hinaus wollen wir unsere Lieferanten alle zwei Jahre besuchen. Viele werden wir in noch kürzeren Rhythmen besuchen, zum Beispiel jene Lieferanten mit höherem Risikopotenzial. Kleinere Partner unterstützen wir sich zertifizieren zu lassen. Durch diese enge Begleitung und Transparenz können wir soziale und ökologische Risiken bei bestehenden und neuen Lieferanten aufspüren, und diesen bei Bedarf mit technischer und finanzieller Unterstützung zur Seite stehen. Auch digitalisieren wir die Prozesse, das bedeutet weniger Administration und noch mehr Transparenz. Neben der Überwachung sozialer Aspekte berücksichtigen wir zunehmend auch Umweltindikatoren. Wichtige Themen sind zum Beispiel die Messung des CO2-Fußabdrucks, der Erhalt von Wäldern und der biologischen Vielfalt. Schließlich fordern wir unsere Kunden zunehmend auf, sich an Nachhaltigkeitsinitiativen an den Standorten unserer Beschaffungsquellen zu beteiligen und mit uns über die erzielten Ergebnisse zu kommunizieren.
Auf europäischer Ebene: Welchen Bedarf und welche Chance sehen Sie für Nachhaltigkeitsstandards wie We Care?
Elise te Kaat: Derzeit müssen Unternehmen für bestimmte Produkte ihre Leistungen in der Lieferkette aufwändig nachweisen. We Carewird die Bürokratie und den Verwaltungsaufwand für viele Unternehmen verringern. Darüber hinaus ist die Sorgfaltspflicht in der Lieferkette ein Thema, das von Politikern, Medien und Unternehmen immer mehr Aufmerksamkeit erhält. So hat der niederländische Senat 2019 das “Gesetz zur Sorgfaltspflicht bei Kinderarbeit” verabschiedet. Andere europäische Länder haben ähnliche Gesetze oder arbeiten derzeit an einer Gesetzgebung zur Sorgfaltspflicht. Das Europäische Parlament stimmte kürzlich für ein Gesetz zur verpflichtenden Sorgfaltspflicht, das Unternehmen zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt in ihren Lieferketten verpflichten wird. Mit der Einführung des We-Care-Standards ist Tradin Organic meiner Meinung nach gut auf die Sorgfaltspflicht vorbereitet. Wir hoffen und gehen davon aus, dass We Care auf europäischer Ebene akzeptiert werden wird!
Das Gespräch führte Volker Laengenfelder.