Inter­na­tionale Sorg­falts­pflicht
Interview Elise te Kaat – 21. Dezember 2021

Tradin Organic aus den Nie­der­landen verfügt als Han­dels­un­ter­nehmen über viel­fältige Lie­fer­ketten. Wie das Unter­nehmen damit in puncto Sorg­falts­pflicht umgeht und welchen Nutzen We Care bietet, beschreibt die Nach­hal­tig­keits­ver­ant­wort­liche Elise te Kaat.

Frau te Kaat, Tradin Organic ist das erste We Care-zer­ti­fi­zierte Unter­nehmen außerhalb Deutsch­lands. Was bedeutet dies für Sie?

Elise te Kaat: Tradin Organic beschafft, pro­du­ziert und ver­marktet ein Port­folio von über 300 Bio-Zutaten aus über 60 Ländern weltweit, die von mehr als 300.000 Klein­bauern stammen. Diese kom­plexe Leistung gelingt uns nur, weil wir zum einen auf dem Bio-Markt mit unserem Beyond-Organic-Ansatz in unserem Segment führend sein wollen und zum anderen auf lang­fristige Part­ner­schaften mit unseren Lie­fe­ranten setzen. Und hier kommt We Care ins Spiel. Wir sind stolz darauf, ein zer­ti­fi­ziertes We Care-Unter­nehmen zu sein. Denn mit­hilfe dieses Stan­dards bekommen wir die kon­ti­nu­ier­liche Ver­bes­serung unserer Nach­hal­tig­keits­leistung auf jeder Stufe der Lie­fer­kette aner­kannt – und eben nicht nur für ein ein­zelnes Produkt oder eine ein­zelne Pro­zess­stufe. Wir sind davon über­zeugt, dass We Care auch außerhalb Deutsch­lands an Bedeutung gewinnen wird. Denn We Care gibt Ant­worten auf top­ak­tuelle gesell­schaft­liche Fragen, nämlich wie eine ver­ant­wor­tungs­volle Beschaffung über die gesamte Wert­schöp­fungs­kette hinweg gestaltet und wie ein Manage­ment­system, das diese garan­tiert, instal­liert werden kann.

Welchen kon­kreten Nutzen haben Sie durch We Care?

Elise te Kaat: Zu unseren Beschaf­fungs­quellen pflegen wir direkte Kon­takte, auch ermög­lichen wir eine Rück­ver­folgung aller Zutaten vom Landwirt bis zum Ver­braucher. Das unter­streicht, wie wichtig für Tradin Organic lang­fristige, stabile und ver­trau­ens­volle Bezie­hungen zu unseren Lie­fe­ranten sind. Die We-Care-Zer­ti­fi­zierung bestätigt, dass wir mit unserem anspruchs­vollen Ansatz einen sinn­vollen Weg ein­ge­schlagen haben. Besonders wichtig für uns ist es, die Akti­vi­täten entlang der Lie­fer­ketten gemeinsam mit unseren Partnern und Inter­es­sen­gruppen zu über­wachen und wir uns damit eine kon­krete Grundlage geben, uns kon­ti­nu­ierlich zu ver­bessern. Auch das unter­stützt We Care. Unsere Kunden schließlich können durch die Zer­ti­fi­zierung sicher sein, dass sie ver­ant­wor­tungsvoll bezogene Bio-Zutaten von einem Unter­nehmen kaufen, für das Nach­hal­tigkeit weit mehr ist, als nur Bio.

Genau diese Bereit­schaft, sich ständig zu ver­bessern, ver­langt We Care ja auch. Welche Ziele haben Sie sich in Bezug auf Ihr Lie­fer­ket­ten­ma­nagement gesetzt?

Elise te Kaat: Unser bis­he­riges Zulas­sungs­ver­fahren ver­langte von Lie­fe­ranten, dass diese einen Ver­hal­tens­kodex unter­zeichnen. Jetzt gehen wir über diesen Ansatz hinaus, das heißt wir unter­stützen Lie­fe­ranten dabei geprüfte Sozi­al­stan­dards ein­zu­führen. Darüber hinaus wollen wir unsere Lie­fe­ranten alle zwei Jahre besuchen. Viele werden wir in noch kür­zeren Rhythmen besuchen, zum Bei­spiel jene Lie­fe­ranten mit höherem Risi­ko­po­tenzial. Kleinere Partner unter­stützen wir sich zer­ti­fi­zieren zu lassen. Durch diese enge Begleitung und Trans­parenz können wir soziale und öko­lo­gische Risiken bei bestehenden und neuen Lie­fe­ranten auf­spüren, und diesen bei Bedarf mit tech­ni­scher und finan­zi­eller Unter­stützung zur Seite stehen. Auch digi­ta­li­sieren wir die Pro­zesse, das bedeutet weniger Admi­nis­tration und noch mehr Trans­parenz. Neben der Über­wa­chung sozialer Aspekte berück­sich­tigen wir zunehmend auch Umwelt­in­di­ka­toren. Wichtige Themen sind zum Bei­spiel die Messung des CO2-Fuß­ab­drucks, der Erhalt von Wäldern und der bio­lo­gi­schen Vielfalt. Schließlich fordern wir unsere Kunden zunehmend auf, sich an Nach­hal­tig­keits­in­itia­tiven an den Stand­orten unserer Beschaf­fungs­quellen zu betei­ligen und mit uns über die erzielten Ergeb­nisse zu kom­mu­ni­zieren.

Auf euro­päi­scher Ebene: Welchen Bedarf und welche Chance sehen Sie für Nach­hal­tig­keits­stan­dards wie We Care?

Elise te Kaat: Derzeit müssen Unter­nehmen für bestimmte Pro­dukte ihre Leis­tungen in der Lie­fer­kette auf­wändig nach­weisen. We Carewird die Büro­kratie und den Ver­wal­tungs­aufwand für viele Unter­nehmen ver­ringern. Darüber hinaus ist die Sorg­falts­pflicht in der Lie­fer­kette ein Thema, das von Poli­tikern, Medien und Unter­nehmen immer mehr Auf­merk­samkeit erhält. So hat der nie­der­län­dische Senat 2019 das “Gesetz zur Sorg­falts­pflicht bei Kin­der­arbeit” ver­ab­schiedet. Andere euro­päische Länder haben ähn­liche Gesetze oder arbeiten derzeit an einer Gesetz­gebung zur Sorg­falts­pflicht. Das Euro­päische Par­lament stimmte kürzlich für ein Gesetz zur ver­pflich­tenden Sorg­falts­pflicht, das Unter­nehmen zum Schutz der Men­schen­rechte und der Umwelt in ihren Lie­fer­ketten ver­pflichten wird.  Mit der Ein­führung des We-Care-Stan­dards ist Tradin Organic meiner Meinung nach gut auf die Sorg­falts­pflicht vor­be­reitet. Wir hoffen und gehen davon aus, dass We Care auf euro­päi­scher Ebene akzep­tiert werden wird!

Das Gespräch führte Volker Laen­gen­felder.

Elise te Kaat ist Nach­hal­tig­keits­ver­ant­wort­liche bei Tradin Organic aus Ams­terdam. Das inter­na­tional agie­rende Han­dels­un­ter­nehmen für Bio-Zutaten hat Partner in mehr als 60 Ländern.