Der neue Nachhaltigkeitsstandard für die Lebensmittelbranche
Frankfurt am Main, 17. Februar 2021

Mit Blick auf unternehmerische Verantwortung entlang der Lieferkette schließt We Care Lücken bei bestehenden Standards und setzt einen neuen Maßstab.

Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) hat heute We Care, den neuen Nachhaltigkeitsstandard für die Lebensmittelbranche mit besonderem Fokus auf die Lieferkette, vorgestellt. We Care bestätigt zertifizierten Unternehmen, dass sie vom Anbau in den Ursprungsländern bzw. der Region bis zum heimischen Unternehmensstandort gemeinsam mit ihren Partnerinnen und Partnern umfassende ökologische und soziale Kriterien einhalten.

Mit Einbeziehung der Lieferkette geht We Care einen Schritt weiter als andere Managementsysteme. Viele der im Lebensmittelbereich üblichen Standards oder Zeichen fokussieren einzelne Produktketten, nicht aber Unternehmen als Ganzes. Sie betrachten lediglich einzelne Aspekte der Herstellung oder des Einkaufs, jedoch nicht alle wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen. We Care schließt diese Lücken, integriert andere anspruchsvolle Nachhaltigkeitsstandards und ergänzt diese sinnvoll.

164 ökologische und soziale Kriterien mit Schwerpunkt Lieferkette

We Care liegt das Prinzip der Fairness gegenüber Menschen und Umwelt zugrunde. Der Standard prüft die nachhaltige Arbeitsweise eines Unternehmens anhand von vier Handlungsfeldern: Unternehmensführung, Lieferkettenmanagement, Umweltmanagement und Mitarbeiterverantwortung. Diese sind wiederum in insgesamt 164 Kriterien gegliedert. Am Unternehmensstandort geht es zum Beispiel um Themen wie gentechnikfreie Sortimente, Erhalt von Biodiversität, Tierwohl, Reduzierung der Treibhausgasemissionen oder Bezahlung mindestens nach Tarif- bzw. Mindestlohn.

Im Handlungsfeld Lieferkettenmanagement ist festgelegt, wie ein Unternehmen seine Verantwortung entlang der Lieferkette aktiv gestalten, sie formulieren und in der Umsetzung dokumentieren muss. Zum Beispiel verlangt We Care von einem zertifizierten Unternehmen Sofortmaßnahmen, wenn in dessen Lieferkette Sozial-, Umwelt- oder Tierwohlstandards verletzt werden. Darüber hinaus muss das Unternehmen nachweisen, dass es mit seinen Lieferanten und Lieferantinnen langfristig und partnerschaftlich zusammenarbeitet. Eine Schlüsselrolle kommt dabei dem Einkauf zu. Dieser achtet unter anderem darauf, dass auskömmliche Preise für Rohwaren gezahlt werden. Die Lieferanten und Lieferantinnen müssen sich auch ihrerseits We-Care-konform verhalten, um mit We-Care-zertifizierten Unternehmen zusammenarbeiten zu können.

Wissenschaft und Praxis im Steuerungsausschuss

FiBL Deutschland e.V. ist der Träger von We Care und damit auch des Siegels. Unter dem Dach des FiBL erfolgt die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung des Standards durch den unabhängigen Steuerungsausschuss. Dieses oberste Entscheidungsgremium ist nach dem Prinzip eines Kammersystems aufgebaut. Die sieben Vertreter*innen aus Wissenschaft, Verarbeitung, Handel und Zertifizierung sind jeweils in einer Kammer repräsentiert. Vorsitz und Mehrheit im Steuerungsausschuss liegen immer bei den wissenschaftlichen Institutionen. Damit ist die Unabhängigkeit des Ausschusses gewährleistet, gleichzeitig kann auch auf die notwendigen praxisbezogenen Erfahrungen der übrigen Mitglieder zurückgegriffen werden. Aktuell ist die Kammer Wissenschaft mit Expert*innen des Öko-Instituts, des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), der FH Münster sowie agroecology.science besetzt. Die drei übrigen Kammern werden derzeit durch Alnatura, Lebensbaum sowie den Zertifizierer Kiwa repräsentiert. Dr. Jenny Teufel vom Öko-Institut und Vorsitzende des Steuerungsausschusses sagt zur Charakteristik des Standards: „We Care hat gegenüber bestehenden Zeichen drei Vorteile. Erstens setzt der Standard an Lücken bestehender Systeme an, zweitens ist We Care offen für alle Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft und drittens erfolgt die Zertifizierung über eine unabhängige und anerkannte Zertifizierungsstelle.“

Erste We-Care-zertifizierte Unternehmen

We Care ist ein an der Praxis orientierter Managementsystem-Standard. Das Handelsunternehmen Alnatura, der Lebensmittelhersteller Lebensbaum sowie der internationale Zertifizierer Kiwa haben 2015 die Notwendigkeit eines umfassenderen, auch die Lieferkette einbeziehenden Nachhaltigkeitsstandards formuliert. Als Praxispartner*innen gaben sie Impulse und Rückmeldungen zum Standard. Alnatura und Lebensbaum haben als erste Unternehmen die Pilotzertifizierung durchlaufen. Mit Walter Lang GmbH, Peter Riegel Weinimport, PrimaVera Naturkorn, Tradin Organic, Midsona und Bohlsener Mühle sind sechs weitere Unternehmen zertifiziert bzw. zum Audit angemeldet. Die Gewährleistungsmarke We Care ermöglicht eine Zertifizierung im Basis- bzw. im anspruchsvolleren Höheren Level. Bei letzterem darf ein Unternehmen das We-Care-Zeichen auf den Produktverpackungen führen.

We Care wurde unabhängig vom geplanten Lieferkettengesetz entwickelt. Gleichwohl verfolgen We Care und das Lieferkettengesetz vergleichbare Ziele: Die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards entlang der Lieferkette zum Wohle von Mensch und Umwelt. Zertifizieren lassen können sich alle Unternehmen, die selbst Lebensmittel importieren, verarbeiten oder herstellen, die Lebensmittel auch oder ausschließlich bei anderen Unternehmen herstellen lassen und die ihre Rohwaren oder Fertigprodukte auch als Groß- oder Einzelhändler vertreiben. Weitere Informationen zum We-Care-Standard unter www.we-care-siegel.org

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Pressemitteilung 17.2.2021

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Stand: 17. Februar 2021

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Stand: 17. Februar 2021

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Kontakt

Axel Wirz
FiBL Deutschland e.V.
Tel: +49 69 713 7699 – 48
axel.wirz@fibl.org

Über das FiBL

Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) ist eine der weltweit führenden Forschungseinrichtungen im Bereich der ökologischen Landwirtschaft. Die Stärken des FiBL sind interdisziplinäre Forschung, gemeinsame Innovationen mit Landwirt*innen und der Lebensmittelbranche sowie ein rascher Wissenstransfer. Der FiBL Gruppe gehören derzeit FIBL Schweiz (gegründet 1973), FiBL Deutschland (2001), FiBL Österreich (2004), OEMKI (ungarisches Forschungsinstitut für biologischen Landbau, 2011), FiBL Frankreich (2017) und das gemeinsam von den fünf nationalen Instituten getragene FiBL Europe (2017) an. An den verschiedenen Standorten sind rund 300 Mitarbeitende tätig.

www.fibl.org